Autor Bill Bonner - Kolumne American International Group: Der Skandal

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Bill Bonner Berichte & Kolumnen vom 24.03.2009

Quelle: Auszug aus dem Newsletter "Kapitalschutz Akte"

 
American International Group: Der Skandal
Haben Sie Mitleid mit den Reichen. Mitleid mit den Geschäftsführern. Mitleid mit den Kapitalisten.

Der arme Warren. Er hat nur noch 25 Milliarden Dollar. Und auch Bill Gates kann kaum mehr den Kopf über Wasser halten, sein Geldberg ist auf kaum 18 Milliarden Dollar zusammengeschrumpft.

Und wenn Sie bei Google nach „AIG outrage" [Wut über AIG] suchen, dann erhalten Sie 621.000 Treffer.

Reichtum macht nicht mehr so viel Spaß wie einst

Zu schade, reich zu sein ist nicht mehr so leicht und es macht auch nicht mehr so viel Spaß wie einst.

Anfang vergangener Woche legte die Erholungsphase erst einmal wieder eine Pause ein. Der Dow hat sieben Punkte verloren. Es könnte vorbei sein. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass es noch einige Monate so weiter gehen wird. Nach und nach werden die Leute anfangen zu glauben, dass es eine echte Erholung ist. Und sie werden anfangen, sich vorzustellen, dass es wieder wie im Jahr 2003 ist. Das ist natürlich nicht so... dieser Markt hat mit der großen Erholung von 2003-2007 überhaupt nichts gemeinsam. (Ich werde darauf noch zurückkommen)

Öl tendierte in der vergangenen Woche in Richtung 50 Dollar. Und der Dollar bricht auch ein - er verliert gegenüber dem Euro an Boden unter den Füßen und wird aktuell für 1,29 Dollar pro Euro gehandelt. Gegenüber Gold ist er weitestgehend stabil, Gold bewegt sich momentan im Bereich zwischen 900 und 950 Dollar.

Die AIG Krise

American International Group (AIG) lieferte die wichtigste Story in der vergangenen Woche. Alle waren wütend, aufgebracht, angewidert... oder sie haben AIG in Schutz genommen. Zuerst wurden die Prämien geringer angegeben als sie waren. In Wahrheit lagen sie bei 450 Millionen Dollar, heißt es im Wall Street Journal... und ein Mitglied des Kongresses warf AIG vor, dass viele der Prämien als etwas anderes ausgegeben wurden... und dass die Summe in Wahrheit vermutlich eher bei einer Milliarde Dollar liegt.

Die breite Masse der Investoren hat überhaupt keine Ahnung, wie eine solche Rettung funktioniert. Diese Investoren sind bereit zu glauben, dass der Preis des eigenen Hauses irgendwie steigen wird, wenn man bereit ist, der Wall Street Hunderte von Milliarden Dollar vom Geld der Steuerzahler zu geben. Doch jetzt erkennt der kleine Anleger, wie die Sache wirklich funktioniert, und er ist sehr aufgebracht. Er mag von der Makroökonomie keine Ahnung haben, aber er erkennt Betrug, wenn er es direkt vor seinen Augen passiert.

Unter Druck gesetzt gab AIG bekannt, was man mit dem Geld aus den Rettungspaketen getan hat. Mich hat es nicht schockiert, festzustellen, dass Goldman Sachs ganz oben auf der Liste der Empfänger gestanden hat. Der wichtigste Mann von Goldman hat mit den Regierungsvertretern in einem Raum gesessen - er war der einzige Vertreter der Wall Street - als die Entscheidung fiel, dass man Goldman retten würde. Mehr noch, der damals wichtigste Mann unter den Regierungsvertretern - Hank Paulson - war auch einmal der wichtigste Mann bei Goldman. Und so war die Sache dann geregelt. Die Regierung hat Geld an AIG gegeben und AIG hat das Geld an eine lange Liste von Spekulanten weitergegeben, darunter auch Goldman.

Zurücktreten oder Selbstmord begehen

Mir scheint das alles absolut normal zu sein. Wenn ich daran beteiligt gewesen wäre, hätte ich auch versucht einen Teil der Beute beiseite zu schaffen. Aber die Politiker tun so, als wären sie entsetzt und schockiert. Senator Grassley hat sogar gesagt, dass das AIG-Management „zurücktreten oder Selbstmord begehen" sollte. Er hat sich später wieder etwas beruhigt und gesagt, er habe es nicht so gemeint.

Ich hingegen hätte seine Aussage einfach überarbeitet und den Deppen bei AIG eine letzte Chance gegeben, würdig daraus hervor zu gehen. „Tretet zurück UND begeht Selbstmord, in dieser Reihenfolge".

Barney Frank hat noch hinzugefügt, dass es vielleicht „an der Zeit sei, einige Leute zu feuern." Warum nicht? Die Regierung besitzt jetzt einen Anteil von 80% am Versicherungsriesen. Dann macht mal, feuert all die Leute, die ihr feuern wollt. Das ist so ungefähr die einzige Freude, die einem wahren Kapitalisten noch bleibt. Nutzt sie... und feuert noch heute jemanden!

An anderer Stelle erfährt man in den Nachrichten, dass die Wirtschaft sich auch weiterhin verschlechtert. Die Industrielle Produktion ist im Februar um 1,4% eingebrochen. Und die Zahlungsverzüge auf Kreditkarten sind auf dem höchsten Wert in 20 Jahren.

Die Herren Smoot und Hawley scheinen immer noch auf den Gehaltslisten der Bundesregierung zu stehen. Anfang vergangener Woche erfuhr man, dass sie einen Handelskrieg mit Mexiko angefangen hätten und dass die Mexikaner bereits gekontert haben. Mehr weiß ich darüber auch nicht.

Doch erstmal zurück zum Kummer der Reichen...

Die Reichen verlieren ihr Geld

Zuerst einmal lässt Mr. Market die Vermögen immer kleiner werden - und das sehr schnell. In den vergangenen 12 Monaten hat ein durchschnittlicher Reicher vermutlich die Hälfte seines Vermögens verloren. Er hat nicht nur Aktien und Immobilien im Wert von Millionen besessen... er war auch unter den privilegierten Wenigen, die bei den Derivaten, den Hedge-fonds und bei Private Equity gute Geschäfte machen konnten. Viele dieser komplizierten und schwierigen Anlagewerte sind mittlerweile vollständig ausgelöscht. Und einige von ihnen haben auch das große Unglück gehabt, Bernie Madoff zum Freund zu haben.

Und zweitens kümmern sich die Politiker um das, was Mr. Market nicht nimmt. Überall auf der Welt gibt es Pläne, die Steuern anzuheben... die Steuerparadiese dicht zu machen. Präsident Obama hat bereits Pläne verkündet, dass er die Reichen ordentlich schröpfen will. Alle anderen Gruppen werden am Ende noch genauso dastehen wie am Anfang... vielleicht sogar besser... wenn man Obamas Steuervorschlägen folgt. Aber die Reichen werden ihren Teil abbekommen... sie werden mariniert... und anschließend bis auf die Knochen durchgebraten.

Die Reichen werden ausgestoßen

Und drittens sind die armen reichen Typen zu Ausgestoßenen geworden. Sie werden nicht mehr zu Wohltätigkeitsveranstaltungen eingeladen - oder gebeten mitzukommen, wenn man nach der Arbeit noch ein Bier trinken geht. Die Europäer haben den Reichen immer misstraut. Aber in Amerika wurde jemand, der reich ist, normalerweise respektiert - allein aus dem Grund, dass er reich war. Die Leute haben ihn zu seiner politischen Meinung gefragt... zur Mode... und zur Kunst. Man hielt ihn in all diesen Bereichen für eine Autorität, und er wurde ganz allgemein mit Respekt... sogar mit Hochachtung... behandelt.

Doch heute hält man die Reichen für Affen, Verlierer, Ahnungslose und Missetäter. Selbst die Amerikaner blicken heute auf die Reichen und sie denken sich, dass sie entweder dumm oder korrupt sein müssen.

"Le secret des grandes fortunes sans cause apparente est un crime oubli..." sagte Balzac. Und das lässt sich wie folgt übersetzen: „Hinter jedem großen Vermögen steckt ein großes Verbrechen." Er hat sich dabei natürlich nur auf Frankreich bezogen, wo das vermutlich schon immer so war. Geld ist in Frankreich schmutzig. Aber in Amerika hielt man Geld für sauber... unschuldig... und ehrlich. Der reichste Mann der Stadt hat hier in der Kirche immer in der ersten Kirchenbank gesessen und er hat sich für ein lokales Amt zur Wahl gestellt.

Respektverlust

Wenn eine Krise kommt, dann leiden sogar die Reichen. Aber im Gegensatz zu den hungernden Bengeln, den unglücklichen Witwen und den unschuldigen Waisen, vergießt niemand für die Reichen eine Träne. Auf diesen Seiten übernehme ich immer die Seite der Ausgestoßenen... und ich unterstütze immer den verlorenen Fall. Wenn ich also an die Reichen denke... diese netten Leute mit ihren italienischen Anzügen... deutschen Autos... und mit ihren Schweizer Konten... dann werden meine Wangen immer ein wenig feucht. Denn ich - und ich allein - bewundere und respektiere die Reichen immer noch. Die Reichen sind natürlich auch menschliche Wesen - genauso wie wir anderen auch.

Und ja, liebe Leser... ich verachte sie immer noch so sehr wie alle anderen auch. Aber wenn es um Intelligenz oder moralische Rechtschaffenheit geht, dann sind sie vermutlich auch nicht besser als die unteren Schichten, vermutlich aber nicht viel schlimmer. Ich bewundere und respektiere jedoch ihr Geld. Ihr Geld ist auch nicht besser als das der anderen - aber sie haben mehr davon.
 
Quelle:
http://www.investor-verlag.de/boersenwissen/kapitalschutz/american-international-group-der-skandal-20090324/
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