Autor Bill Bonner - Kolumne Täuschungen der Märkte

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Bill Bonner Berichte & Kolumnen vom 09.05.2009

Quelle: Auszug aus dem Newsletter "Kapitalschutz Akte"

 
Täuschungen der Märkte
Die glücklichen Zeiten sind zurück! Genießen Sie sie, solange sie noch andauern...

Optimismus wächst", heißt es in einer Schlagzeile der Financial Times.

Wie vorhergesagt, erfreuen sich die Weltmärkte wieder einer Erholung. Die Leute, die noch vor zwei Jahren keine Ahnung hatten, dass im Finanzsystem etwas nicht stimmte, sagen heute, dass das Problem gelöst sei.

Wer hat das Problem gelöst? Die Leute, die keine Ahnung hatten, was im Finanzsystem nicht stimmt.

Wie haben sie das Problem gelöst? Genau mit den Maßnahmen, die das Problem, das sie nicht sahen, ausgelöst haben - mit Schulden.

Wer stellt sicher, dass es nicht wieder schief laufen wird? Die Leute, denen zuletzt nicht auffiel, dass die Reifen vom Auto abfielen.

Ist der Optimismus berechtigt?

Der Dow ist weiter nach oben geklettert. Der Ölpreis steigt. Gold liegt wieder bei über 900 Dollar. Und der Dollar ist auf 1,33 Dollar pro Euro gestiegen.

Und was noch interessanter ist... die Anleihenerträge, wenn auch immer noch Mitleid erregend gering, steigen wieder. Und die Erträge auf die amerikanischen Schatzbriefe bringen mehr als 3%, die auf langfristige Anleihen bringen mehr als 4%.

Je länger diese Trends andauern, desto mehr Gründe finden die Menschen, zu glauben, dass es nicht nur ein kurzer Rückprall ist... sondern ein weiterer Boom.

Das Economic Cycle Research Institute sagt in einem Beitrag: "Amerika steht am Rande eines Aufwärtstrends der Wachstumsrate".

Wir wollen uns einmal ansehen, ob der Optimismus berechtigt ist.

Bewegungen am Immobilienmarkt

Bei den Immobilien sind die amerikanischen Wohnhäuser gegenüber den Höchstwerten um 30% eingebrochen. Der Case Shiller Index der Hauspreise ist 30 Monate in Folge gefallen. Ist das nicht genug?

Vielleicht. Die jüngsten Zahlen weisen mehr Verkäufe aus - von neuen genauso wie von bestehenden Gebäuden. Und es gibt auch mehr Bauanträge. Aber in den einst am stärksten vom Boom profitierenden Bundesstaaten - in Kalifornien, Nevada und Florida - machen die zwangsversteigerten Immobilien den größten Anteil aus.

Diese Immobilien erreichen Schnäppchenpreise... ziehen aber den Wert des gesamten Baubestands in den Keller. Und es gibt immer noch viele Häuser, die verkauft werden müssen. Rechnen Sie also nicht mit einer größeren Trendwende bei den Preisen. Wenn die Preise die Talsohle erreicht haben - und ich bezweifle, dass es schon so weit ist - dann werden die Zuwächse vermutlich sehr klein sein... und nur sehr zögerlich kommen.

Als die Immobilienkrise begann, da habe ich geschätzt, dass die Preise um 40% einbrechen müssen, um durchschnittlichen Menschen zu ermöglichen, sich ein durchschnittliches Haus zu kaufen. Aber das war noch ehe das Einkommen der Durchschnittsverdiener gefallen ist. Wenn die Krise sich weiter fortsetzt, so wie ich meine, dann sollten die Hauspreise um weitere 10% bis 20% einbrechen.

Und abgesehen davon frage ich mich, wer noch Geld haben wird, sich ein Haus zu kaufen, wenn die Vereinigten Staaten in den größten Abwärtstrend seit der Weltwirtschaftskrise" eintreten? Aber genau das ist das Thema. Vielleicht tritt die Welt gerade doch nicht in einen großen Abwärtstrend ein. Vielleicht ist es nur ein Fall von Massenhysterie... eine Panik, wie Y2K... oder Terrorismus... oder die Schweinegrippe. Vielleicht überwinden die Menschen es jetzt... und sie machen wieder Geschäfte, genauso wie sie es immer getan haben.

Die Verbraucher werden wieder kühner

Das Verbrauchervertrauen liegt 20% unter der Grundlinie von 1985... aber das ist eine große Verbesserung, es hat bereits 40% unter dem Standard von 1985 gelegen.

Es gibt einige Hinweise darauf, dass die Verbraucher auch wieder zu ihren alten schlechten Gewohnheiten greifen. Die Verbraucherausgaben steigen - zumindest zeigt sich dies in den letzten Zahlen der Discounter. Sie greifen wieder zu günstigen Wonnen und Notwendigkeiten. Aber die Luxusläden berichten immer noch Einbrüche von ungefähr 20% für das Jahr.

Die großen Aktienmärkte haben 20% zugelegt. Die wahren Aufregungen gab es jedoch an den Schwellenmärkten. Vor einigen Wochen sah es noch so aus, als wäre China nicht in der Lage, sich von der entwickelten Welt loszulösen. Sie steckten fest, sagten die Analysten, wie ein verrostetes Abflussrohr. Das Reich der Mitte war wie alle anderen auch auf dem Weg in eine Rezession.

Aber dann schienen die klugen Chinesen doch noch die Rohrzange gefunden zu haben, die groß genug ist, das Verbindungsstück zu lösen. Es ist fast nicht zu glauben, aber China scheint die sehr erwünschte V-förmige Erholung" erreicht zu haben. Anstatt zu schrumpfen, zeigen die Zahlen aus China, dass das Land mit mehr als 8% expandiert.

Was ist los in China?

Es mag natürlich sein, dass China lügt. Es scheint mir unwahrscheinlich, dass China sich so schnell erholt haben soll. Das ist keine Rezession, so sage ich immer wieder. Es ist eine Krise. Und Krisen verlangen strukturelle Veränderungen - von der Sorte, die Zeit braucht.

Und davon abgesehen gibt es Berichte von Augenzeugen, die so klingen wie eine Kreuzung aus Die Früchte des Zorns und einer Wiederholung von Maos langem Marsch". Das ist Elliot Wilsons Beschreibung nach seiner jüngsten Reise in das Herzland des kommunistischen Riesen.

Einst umtriebige Einkaufszentren stehen jetzt leer", fährt Wilson fort Plaza 66 in Shanghai ist im Besitz der Hang Lung Properties, die in Hongkong gelistet werden. An einem Freitagnachmittag wurde das 51.700 Quadratmeter große Gelände für den gehobenen Einzelhandel von exakt 11 Kunden besucht..."

Es ist überall das Gleiche. Ich spreche mit den Concierges der führenden Hotels in Shanghai, und das sind Männer, die es wissen müssen. Beim JC Mandarin lag die Belegung im Februar bei 40%, gegenüber 80% noch vor einem Jahr. Und beim großen JW Marriott ist es sogar noch schlimmer; es sind hier nur 25%..."

Und auch in Bürokomplexen sieht es nicht anders aus. Sie sind leer, leer, leer.. Gemdale... ein 50 Stockwerke hohes Gebäude, das erst im vergangenen Jahr abgeschlossen wurde, steht vollkommen leer..."

Aber was solls? Vielleicht liege ich auch falsch. Vielleicht erholt sich China bereits. Es kann auch eine strukturelle Krise sein - aber nur für die entwickelten Länder, ganz besonders für die Vereinigten Staaten. Vielleicht ist es auch nur für China eine Rezession. Und vielleicht ist sie vorbei. Es scheint unglaublich... aber jetzt, bei so vielen Wundern über die man sich wundern kann, frage ich mich, warum ich mich überhaupt noch wunder?

Abgesehen davon berichten andere Schwellenländer die gleiche Situation - gesteigerte Exporte nach einem katastrophalen Einbruch am Ende des vergangenen Jahres. Man kann den Einbruch ganz leicht bemessen, indem man sich den Baltic Dry Index ansieht - er verfolgt die Frachtzahlen. Sie sind im vergangenen Jahr um 90% eingebrochen. Seither haben sie sich verdoppelt - und sind um 100% gestiegen. Aber damit liegen sie immer noch 80% unter den Werten des Vorjahrs.

Die Aktienmärkte der Schwellenländer zeigen einen ähnlichen Anstieg. Der brasilianische Aktienmarkt ist gegenüber seinem Tiefstwert um fast 90% gestiegen. Die Aktien in Südkorea sind um 71% gestiegen. Und die chinesischen Aktien - die an der Börse in Shanghai gelistet werden - haben 50% zugelegt.

Offenkundig scheinen einige davon auszugehen, dass das Schlimmste hinter uns liegt. Aber ich bezweifle, dass diese Erholung ein Zeichen für einen neuen, gesunden Boom ist. Kredite sind seit fast einem halben Jahrhundert immer weiter gewachsen. Die Blasenepoche verursachte am Ende Fehler im Wert von Billionen von Dollar. Viele dieser Fehlentscheidungen sind bereits korrigiert.

Aber die Wirtschaft, die die Blase hat entstehen lassen, ist auch weiterhin nicht entsprechend umstrukturiert. Die gleichen falsch verwalteten Unternehmen... die gleichen falsch geführten Regulatoren... die gleichen falsch verwalteten Banken. Die exportierenden Länder haben sich daran gewöhnt, in den Vereinigten Staaten Verkäufe von Netto zwei Milliarden Dollar am Tag zu machen. Doch diese Einkünfte haben einen großen Teil des spekulativen Kapitals gestellt, das die Preise in der Blasen-Epoche bestimmt hat. Doch dieses Geld ist so gut wie verschwunden. Und es gibt keine wirkliche Aussicht darauf, dass es in der nächsten Zeit zurückkehren wird.

Ein müdes Echo des alten Booms

Anstelle eines gesunden Booms, gehe ich davon aus, dass die Welt in den Genuss des müden Echos des alten kommt. Regierungen, angeführt von den Vereinigten Staaten, versuchen die Blase mit Garantien und Geschenken im Wert des jährlichen Outputs der größten Ökonomie der Welt wieder aufzupumpen. Und weil jeder einzelne Penny dieses Geldes geliehen ist, ergibt es Sinn, dass jeder Penny von der Weltwirtschaft an irgendeinem Punkt auch wieder zurückgefordert wird.

Die Wirtschaftswissenschaftler warten auch schon auf den Moment, in dem die Deflationssorgen den Inflationssorgen Platz machen müssen.

"Inflation Nation", lautet der Titel des Leitartikels im International Herald Tribune. Darin behauptet Alan Meltzer, dass wenn "Präsident Obama und die Zentralbank auch weiterhin den gleichen Pfad einschlagen, wir eine Wiederholung der schrecklichen Inflationsjahre [der Siebziger] erleben werden."

Professor Meltzer ruft uns auch in Erinnerung, dass es nicht leicht war, die Inflation der Siebziger zu beenden. Die Regierungen haben an den Schrauben gedreht... und sie haben den Leitzins auf über 21% steigen lassen. Sicher, die Zentralbank von heute hat diese Information.

Und Paul Volcker, der in dieser Zeit Vorsitzender der Zentralbank war, ist jetzt einer von Obamas Wirtschaftsberatern. Und trotzdem Mache ich mir um deren Wissen oder deren technisches wirtschaftliches Können keine Sorgen", fährt Meltzer fort, Ich zweifle nur an der Entschlossenheit der Regierung und der Autonomie der Bundeszentralbank... Unter Bernanke hat die Zentralbank ihre Unabhängigkeit aufgegeben und ist zum monetären Arm des Finanzministeriums geworden."

Die Aufgabe der Zentralbank ist es, die Bowleschüssel abzuräumen", sagte ein Chef aus der Zeit Eisenhowers. Aber seit Ike und Dick sind viele Jahre ins Land gezogen. Diesmal wird die inflationäre Party wohl außer Kontrolle geraten, die glücklichen Tage werden eine Zeitlang hier sein... und dann kommen vermutlich auch einige sehr traurige Tage.
 
Quelle:
http://www.investor-verlag.de/boersenwissen/kapitalschutz/taeuschungen-der-maerkte/
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